Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014

MIX AND MATCH
Über die Verwendung mykenischer Elemente auf Kreta in SM IIIA-IIIB

In der bisherigen Forschung wird davon ausgegangen, dass spätestens ab 1450 v.Chr. Mykener in Kreta an die Macht gelangten, wobei bislang umstritten ist, ob dies im Rahmen einer gewaltsamen Eroberung oder eines politischen Schachzugs gelang. Jedenfalls lassen sich mit SM II Übernahmen mykenischer Gefäßformen wie Kelch und Kylix, sog. Kriegergräber, die Ähnlichkeiten mit festländischen Gräbern haben, und die ersten Linear B-Tafeln nachweisen, mit denen in einer frühen Form des Griechischen Verwaltungsabläufe dokumentiert wurden. In der Zeit zwischen 1400–1200 v.Chr. intensiviert sich der mykenische Einfluss in der Architektur und den verschiedenen Kleinfundgattungen und besonders in der Keramik.
Einerseits lassen sich über 400 mykenische Gefäßen an 33 Orten auf Kreta nachweisen, wobei alleine 280 Stück aus Chania in Westkreta stammen (Abb.). Nur sehr wenige dieser Stücke wurden petrographisch bestimmt, sodass die restlichen nur aufgrund von stilistischen Analysen als Importe angesprochen werden können. Anderseits lassen sich Imitationen mykenischer Gefäße belegen, die jedoch nur in 14% aller Fundorte auftraten. Bei der Übernahme von mykenischen Formen zeigt sich, dass diese auf Kreta mitunter leicht abgewandelt und kretische Kylikes mit einem anderen Produktionsverfahren hergestellt wurden, bei dem der Stiel des Trinkgefäßes hohl blieb. Eine relativ große Gruppe stellen die hybriden Gefäße mit mykenischer Form und minoischem Motiv dar. Hierbei war also der Bezug zu mykenischen Tafelsitten erwünscht, die Bemalung des Gefäßes wurde aber an den kretischen Geschmack angepasst. Im Gegensatz dazu tritt die Kombination von minoischer Form und mykenischem Motiv extrem selten auf, und ist nur bei sehr wenigen Skyphoi minoischen Typs zu beobachten. Eine größere Gruppe bilden Gefäße, die hinsichtlich der Form und des Dekors minoischen Traditionen folgen, jedoch eine mykenische Syntax aufweisen. Dies lässt sich oft bei Bügelkannen, Pyxiden und Räuchergefäßen belegen.

War dieser mykenische Einfluss in der Keramik nun aber auf ganz Kreta gleich stark ausgeprägt? Die Untersuchung zeigte, dass die Bewohner verschiedener Regionen unterschiedliche mykenische Importformen bevorzugten: West- und Zentralkreta fokussierten stärker auf Trink- und Essgeschirr, wohingegen Ostkreta hauptsächlich Transportgefäße, genauer gesagt deren Inhalt, importierte. Noch größere Unterschiede zeigten sich jedoch innerhalb der jeweiligen Region. So konzentrierten sich die mykenischen Importen an küstennahen Orten und gelangten kaum ins Landesinnere. Auch übernahmen Werkstätten in küstennahe Orten weit mehr mykenischen Formen und stellten diese auch in größerer Anzahl her. Mit zunehmender Entfernung zur Küste nahmen die Orte mit mykenisch beeinflussten Gefäßen deutlich ab, und meist wurden nur ein bis zwei mykenische Formen in sehr geringer Stückzahl hergestellt. Die Bevölkerung im Landesinneren rezipierten die neuen Entwicklungen also kaum und hielten an ihre traditionellen, minoischen Gefäßformen fest. Dennoch darf auch für die Küstenorte mit starkem mykenischen Einfluss nicht übersehen werden, dass minoische Formen meist über 80% des Materials ausmachen.

© Katrin Bernhardt
e-mail: Katrin.Bernhardt@oeaw.ac.at

This article should be cited like this: K. Bernhardt, Mix-and-match. Über die Verwendung mykenischer Elemente auf Kreta in SM IIIA-IIIB, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).



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