Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 66 / III / 2013

ARCHÄOLOGIE AUS DER LUFT – NEUE METHODEN

In den letzten Jahren werden für die archäologische Dokumentation und Vermessung aus der Luft zwei grundlegende Methoden verwendet. Der flugzeuggestützte LIDAR (Light Detection And Ranging) [1] und die von UAVs (Unmanned Aerial Vehicles) [2] und Kleinflugkörpern genutzte Photogrammetrie (Abb. 1). Bis vor 2 Jahren gab es kaum eine Alternative zu Airborne Laser Scanning (ALS) bzw. LIDAR, jedoch werden durch die rasante Weiterentwicklung einer eigentlich „alten“ Technik, der Photogrammetrie, nun neue Möglichkeiten geboten. Durch den Einsatz von UAVs und hochentwickelter neuer Software mit computergesteuerter "3D Vision" sind Hightech Analysen, 2D- und 3D-Vermessungen, einfache und schnelle Aufnahmen von Objekten, Erstellung von Höhenmodellen und vieles mehr möglich geworden.

Durch die Anwendung beider Methoden können Objekte, die aus der Luft sichtbar werden, auf einfache und vielfach detailliertere Weise erkannt, dokumentiert, und vermessen werden, somit auch visualisiert und vor allem archäologisch interpretiert werden. Ausgrabungsstätten können nicht nur erkundet, sondern können in kürzester Zeit auch kartographiert oder topographiert, sowie anhand von 3D-(Höhen)Modellen ausgewertet werden.
Beide Methoden erzielen ähnliche Ergebnisse und trotzdem ist die Technologie dahinter unterschiedlich. Während ein Flugzeug mit LIDAR Laserimpulse aussendet und mit dem vom Objekt zurückgestreuten Licht und dessen Laufzeit die gegebene Entfernung berechnet, wird bei UAV-gestützter Photogrammetrie eine hohe Anzahl von hochauflösenden Fotos erstellt. Aus beiden Rohdaten, beim LIDAR eine Punktwolke, bei der Photogrammetrie hochauflösende Bilder und eine daraus generierte Punktwolke, können schließlich mit Hilfe spezifischer Software (und 3D Computer Vision) digitale Oberflächenmodelle (Digital Surface Model, DSM) oder Digitale Geländemodelle (Digital Terrain Modell, DTM) berechnet werden. Hierbei hat die Photogrammetrie gegenüber den LIDAR-Daten zusätzlich noch den Vorteil, nicht nur die Oberflächenbeschaffenheit wiedergeben zu können, sondern anhand der von den Fotos mitgelieferten Texturinformationen ein fotorealistisches 3D-Modell zu erzeugen [3]. Da der flugzeuggestützte LIDAR nur eine Punktewolke erzeugen kann, jedoch Bildinformationen beim Flug nicht mitaufgenommen werden, ist beim LIDAR eine nachträgliche Ergänzung durch einen weiteren Flug mit Bildkamera notwendig.
Um bei Ausgrabungen eine hohe Messgenauigkeit bzw. eine damit einhergehende Punktedichte zu erreichen, sind eine niedrige Flughöhe und damit ein langsamer Flug notwendig.
UAVs haben den Vorteil in geringer Höhe und langsam zu fliegen. Immer wieder treten Diskussionen über die Genauigkeit der Auslösung der Bilder bei dieser Methode auf, was aber einfach zu errechnen ist. Als Beispiel ziehen wir eine Olympus Pen E-PM1 Digitalkamera mit 12 Megapixeln Auflösung heran. Die Brennweite des Objektives während des Fluges beträgt 14mm und die Flughöhe 10m. Woraus sich der Berechnung nach ergibt (Abb. 2), dass ein Pixel am Foto in der Realität 1,46mm entspricht, was eine millimetergenaue Auflösung des gesamten aufgenommenen Objektes bedeutet.
Der Workflow startet mit der Observation des aufzunehmenden Geländes, dann folgt die Erstellung des Flugplans am Computer. UAVs starten (noch) manuell und fliegen dann den vorgeplanten Kurs völlig autonom. Nach 15-20 Minuten ist ein Gelände von ca. 2 ha komplett abgebildet. Aus hunderten Bildern wird dann durch diverse Softwareprogramme am Computer eine Punktwolke (Abb. 3) generiert.
Daten aus einer Punktwolke können vielseitig verwendet bzw. eingesetzt werden. Neben Vermessungen können Volumsberechnungen angestellt werden und Schnitte durch die Punktwolke gelegt werden, um Grundrisse zu erarbeiten. Durch verschiedene Farbfilter, d.h. die Möglichkeit die Intensität der Punktwolke zu verändern, ist es möglich, einzelne Bereiche, z.B. die Höhe der Punkte, hervorzuheben, um Höhenmodelle zu erstellen und Bodenbeschaffungen leichter zu erkennen. Zusätzlich können Punktwolken, wie bereits erwähnt, für die Rekonstruktion verwendet werden, indem man ein 3D (Gelände-) Modell aus ihnen erstellt. Der Vorteil einer unbearbeiteten Punktwolke besteht darin, dass alle ursprünglichen Informationen des Objekts erhalten bleiben, während bei der Erstellung eines Modells bzw. der darauffolgenden Interpretation stets Daten verloren gehen.
Zur Aufarbeitung der durch UAVs gewonnen Fotos kommen heute diverse Programme zum Einsatz. Weltweit führend ist derzeit eine Software aus der Schweiz, pix4d.com [4], die neben vollautomatischer Auswertung, Orthomosaik und digitalen Höhenmodellen, eine errechnete Punktwolke bereitstellt. Das Programm ist sowohl offline als auch online verwendbar.

Eine neuentwickelte Software des Institute for Computer Graphics and Vision der TU Graz [5] basiert auf einem ähnlichen Prinzip, jedoch ist es bei dieser Software auch möglich, die erzeugten Bilder bereits vor Ort zu einer Punktwolke vereinen zu können, sodass eine bessere Kontrolle der gewonnenen Daten und ein damit jederzeit änderbarer Flugplan des UAVs möglich ist. Ein weiterer Vorteil dieser Software, dass Bilder nicht gezwungenermaßen „von oben“ aufgenommen werden müssen, bedeutet, dass auch Schrägaufnahmen zur Punktwolkenberechnung herangezogen werden können. Die Software der TU Graz wird derzeit in verschiedenen Bereichen eingesetzt und laufend für neue Anwendungsgebiete weiterentwickelt. Beide Programme werden derzeit von Archaeoair [6] auf Genauigkeit und Einsatzmöglichkeiten getestet.
Beide Programme versprechen eine schnelle Aufnahme der Objekte und eine hohe Genauigkeit. Pix4D bietet eine Software, die speziell für den Einsatz mit UAVs konzipiert ist, an und verspricht eine Genauigkeit im Zentimeterbereich [7]. Die Software der TU Graz verspricht sogar eine Genauigkeit im Millimeterbereich und führte bereits vergleichende Tests mit Pix4D durch, bei denen das Programm des Institute for Computer Graphics and Vision der TU Graz eine deutlich höhere Genauigkeit erzielt hat [8].
Um die Angaben der Entwickler bzw. Hersteller solcher Programme zu überprüfen, haben wir dazu Tests durchgeführt. Diese fanden am 06.03.2013 am Gelände des Iseum Savariense in Szombathely statt [9]. Ein Mitarbeiter des Institutes for Computer Graphics and Vision an der TU Graz, Christof Hoppe, hat mit einem UAV innerhalb von 15 Minuten große Teile des Geländes beflogen und bereits vor Ort, aufgrund der eigens entwickelten Software, Ergebnisse eines Punktwolkenmodells des Iseums präsentieren können [10]. Starke Windböen und die damit einhergehende Gefährdung durch einen Absturz des Fluggerätes machten es leider unmöglich das gesamte Areal zu befliegen. Der zweite UAV von Archaeoair konnte aufgrund des immer stärker werdenden Windes nicht mehr starten, Vergleichsergebnisse zur Software Pix4D waren damit unmöglich.
Um die Genauigkeit der generierten Punktwolken aus Bildern zu überprüfen, haben wir Streckendistanzen mit unterschiedlichen Längen, sowie mit der Totalstation, als auch mit Maßbändern gemessen. Die Streckendistanzen in der generierte Punktwolke der TU Graz wurden im Programm Meshlab gemessen. Die Messungen ergaben dabei eine Genauigkeit von unter einem Zentimeter.
Neben der im Millimeter-Bereich liegenden Genauigkeit, hat die neue Methode mit UAV den Vorteil nicht nur eine Punktwolke, sondern auch die dazugehörigen hochauflösenden Bilder zu liefern, wodurch durch Orthorektifizierung, d.h. durch die Entzerrung der Bildperspektive, auch Orthofotos erstellt werden können [11]. Schon bei einer Bodenauflösung von 10cm GSD (Ground Sampling Distance) hat ein Quadratmeter 100 Pixel, bei einer 50% Trefferrate erreicht man bereits ein mehrfaches als einer vergleichbaren LIDAR Befliegung [12]. Für die Erstellung realitätsnaher 3D-Modelle, Orthomosaike, Rekonstruktionen und auch für das Erkennen von Bodenstrukturen (z.B. Bodenverfärbungen) ist eine einhergehende Bildauswertung unabdinglich. Bei großen Flächen mit reichlicher oder dichter Vegetation sind die Einsatzmöglichkeiten der Photogrammetrie allerdings derzeit noch beschränkt und der Einsatz des LIDARs immer noch die bessere Wahl, wobei gerade hier im Bereich der Photogrammetrie in den letzten Jahren Fortschritte erzielt werden konnten [13].

Literatur
Eisenbeiß 2009 H. Eisenbeiß, UAV Photogrammetry (Diss. Technische Universität Dresden 2009)
Leberl u.a. 2010 F. Leberl – A. Irschara – T. Pock – P. Meixner – M. Gruber – S. Scholz – A. Wiechert, Point Clouds. Lidar versus 3D Vision, Photogrammetric Engineering & Remote Sensing 10, 2010, 1123–1134
Opitz 2013 R.S. Opitz, An Overview of Airborne and terrestrial Laser scanning in Archaeology, in: R.S. Opitz – D.C. Cowley (Hrsg.), Interpreting Archaeological Topography, 3D Data, Visualisation and Observation (Oxford 2013) 13–31
Sauerbier – Eisenbeiß 2010 M. Sauerbier – H. Eisenbeiß, UAVs for the Documentation of Archaeological Excavations, in: J.P. Mills – D.M. Barber – P.E. Miller – I. Newton (Hrsg.), Close Range Image Measurement Technique. Proceedings of the ISPRS Commission V Mid-Term Symposium 21.-24. June 2010 (Newcastle 2010) 526–531
Schachinger u.a. 2010 B. Schachinger – B. Reitinger – M. Gruber, UltraMap – Ein Workflow zur Generierung hochauflösender Höhenmodelle und Orthophotos aus Luftbildern, in: J. Strobl – T. Blaschke – G. Griesebner (Hrsg.), Angewandte Geoinformatik (Berlin 2012) 78–83

[1] Opitz 2013, 16.
[2] Sauerbier – Eisenbeiß 2010, 526f.
[3] Eisenbeiß 2009, 101.
[4] http://www.pix4d.com (28.2.2013).
[5] http://aerial.icg.tugraz.at/index.html (28.02.2013).
[6] http://www.archaeoair.com (28.2.2013).
[7] http://pix4d.com/showcase.html#test (28.2.2013).
[8] Persönliches Gespräch am 18.01.2013 mit Prof. Dr. Horst Bischof und Dipl.-Ing. Andreas Wendl (Institute for Computer Graphics and Vision at Graz, University of Technology).
[9] Vielen Dank an die Direktorin des Museums Iseum Savariense Andrea Csaplaros.
[10] Wir bedanken uns sehr herzlich beim Institutes for Computer Graphics and Vision der TU Graz und im Speziellen bei Herrn Christof Hoppe für die Befliegung und die rasche Auswertung.
[11] Eisenbeiß 2009, 101.
[12] Schachinger u.a. 2010, 78.
[13] Leberl u.a. 2010, 1132.


© Tina Neuhauser, Oliver Pink, Silvia Zenz
e-mail: office@archaeoair.com

This article should be cited like this: T. Neuhauser – O. Pink – S. Zenz, Archäologie aus der Luft – Neue Methoden, Forum Archaeologiae 66/III/2013 (http://farch.net).



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