| Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 54 / III / 2010 |
Ein überaus bedeutendes Segment auf dem Sektor Freizeitwirtschaft ist der Bereich Kultur und Wissenschaft. Kulturhistorische Traditionen bilden seit jeher einen fruchtbaren Boden für verschiedene Formen von Kulturtourismus. Besonders komplex gestaltet sich hierbei die zunehmende Aufgabe der engeren Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden und Tourismusverantwortlichen. Kreative Produktentwicklung im Sinne zeitgemäßer Kulturvermittlung bedingt spezielles Fachwissen, so wie auch die Vermarktung der Produkte eine adäquate Abwicklung durch Experten voraussetzt.
Im Zentrum des Projekts "Carnuntum 2011" stehen modellhafte Vollrekonstruktionen römischer Gebäude aus dem frühen 4. Jahrhundert, errichtet unter Berücksichtigung von Techniken und Materialen, die bereits in der römischen Antike eingesetzt wurden. Nach dem Wiederaufbau werden die geschlossenen Innenräume funktionstüchtig mit nachgebildetem Mobiliar ausgestattet. Um die Bauten nicht nur als klassische Museumsobjekte auf den Besucher wirken zu lassen, schaffen spezielle Kulturvermittlungsangebote einen außergewöhnlichen Einblick in die römische Antike. So wurde im so genannten Hauses des Tuchhändlers Lucius im Freilichtmuseum Petronell der römische "Hausbesitzer" in den Mittelpunkt der Geschichte gerückt, um den Gästen den Eindruck zu vermitteln, das Haus wäre noch immer bewohnt. Die täglich angebotenen "Zeitreiseführungen" im Archäologischen Park Carnuntum basieren auf der Idee, römisches Leben für den Besucher mit allen Sinnen erfahrbar zu machen. Bei diesen Spezialführungen treten - nach römischer Mode des frühen 4. Jahrhunderts authentisch gekleidete - DarstellerInnen als Akteure einer (zwar fingierten, aber historisch durchaus passenden) Handlung auf und lassen die Teilnehmer interaktiv an dem Geschehen teilhaben.
Der Archäologische Park Carnuntum - als einer von zahlreichen Kulturbetrieben in Österreich - zeigt besonders deutlich, dass synergetisch genutzte Potentiale zwischen Wissenschaft und Kulturtourismus eine auch wirtschaftlich effektive Zusammenarbeit hervorbringen können, die inzwischen internationale Akzeptanz erreicht hat.
Unter die Bezeichnung "Archäologischer Park" fallen gemeinhin jene Grabungsstätten, in denen die aufgedeckten archäologischen Befunde offen gehalten und konserviert, beziehungsweise auch restauriert werden. Rekonstruktionen antiker Bauwerke in archäologischen Parks erfüllen in hohem Maße die Anforderung kulturtouristischer Ausflugsziele, nämlich die historischen Vorgänge über die streng wissenschaftliche Ebene hinaus für einen größeren Interessentenkreis verständlich zu machen und auf anschauliche Art und Weise zu erklären. Wobei das Angebot eines archäologischen Parks in der Regel über die reine Präsentation solcher Bauwerke hinausreicht. Authentisch inszenierte Veranstaltungen, spezielle Angebote für die Gäste in Form von interaktiven Führungen sowie die museumspädagogische Aufbereitung archäologischer Funde in Ausstellungen - all dies lädt die Besucher ein, sich intensiver mit einer historischen Epoche zu befassen.
Ebenso bilden Kulturvermittlungsprogramme für Schulklassen aller Altersstufen einen Anreiz für PädagogInnen eine Exkursion nach Carnuntum in den Lehrplan zu integrieren. Um bei den Besuchern den früher entstanden Eindruck einer "Ruinenlandschaft Carnuntum" zu korrigieren, bedarf es maßgeschneiderter Erlebnisangebote. Die LehrerInnen können wählen zwischen Führungen zu bestimmten Themenschwerpunkten sowie abwechslungsreichen Kreativprogrammen. In den Sommermonaten gibt es für Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, im Rahmen von Projekttagen und Sommercamps das Leben der Römer auf spielerische Art und Weise kennen zu lernen.
Kulturvermittlungskonzepte wie diese werden von den Gästen aller Altersschichten gerne angenommen und stellen somit zusammen mit der Präsentation modellhafter Vollrekonstruktionen einen Meilenstein für die touristische Aufbereitung des Archäologischen Parks Carnuntum dar.
© Matthias Pacher
e-mail: matthias.pacher@carnuntum.co.at
This article should be cited like this: M. Pacher, Erlebnistour durch die römische Antike - Kulturvermittlung im Archäologischen Park Carnuntum, Forum Archaeologiae 54/III/2010 (http://farch.net).
