Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 54 / III / 2010

ERSTE ERGEBNISSE DES GRABUNGS-, SOZIAL- UND WIRTSCHAFTSPROJEKTES VILLA RUSTICA NEUMARKT-PFONGAU

Seit längerer Zeit war bekannt, dass sich in Neumarkt-Pfongau, nordöstlich des Wallersees, die Reste eines römischen Gutshofes befanden. Bis in das 19. Jahrhundert sollen noch Reste des Mauerwerkes zu erkennen gewesen sein. Im Jahr 1880 wurden bei ersten Grabungen Reste von Mosaikböden gefunden die jedoch verschollen sind. Abgesehen von kleineren Forschungen Martin Hells im Jahr 1947 fanden danach keine weiteren Untersuchungen statt, bis bei der Anlage des Gewerbegebietes von Pfongau nahezu der gesamte Bereich der Wohngebäude überbaut wurde, ohne dass archäologische Grabungen erfolgt wären.
Erst bei der Erweiterung dieses Gewerbegebietes in den Jahren 1987/88 war es einem Team des Salzburg Museum möglich, den gefährdeten Bereich im Zuge einer Notgrabung zu untersuchen. Dabei konnten die Fundamente dreier Gebäude freigelegt werden, von denen eines mit einem Hypokaustum versehen war. Die Grabungen wurden 1989 fortgesetzt, wobei der nur teilweise erhaltene Grundriss eines weiteren Gebäudes freigelegt werden konnte.

Seit 2008 werden im Bereich der villa rustica Neumarkt-Pfongau I erneut Grabungen in einer Kooperation der Stadtgemeinde Neumarkt, dem Museum Fronfeste, der Universität Salzburg (Fachbereich Altertumswissenschaften), der Landesarchäologie am Salzburg Museum und dem Österreichischen Forschungszentrum Dürrnberg durchgeführt.
Dabei soll die verbliebene Fläche der pars rustica untersucht werden. Das Ziel des Projektes ist vor allem auf die Erforschung der antiken Wirtschaft im ländlichen Raum ausgerichtet. Durch eine geophysikalische Prospektion der ZAMG wurden im Vorfeld vier Gebäuden und Teilen einer Einfriedung geortet.
In den beiden ersten Kampagnen von jeweils vier Wochen, die im Rahmen Lehrgrabung mit Studierenden des Fachbereichs Altertumswissenschaften der Universität Salzburg erfolgten, wurde eine erste Teilfläche von über 2500m² untersucht. Hierbei war es möglich das von der Geophysik gezeichnete Bild weitgehend zu verifizieren. Im Zentrum der Grabungsfläche konnte das Fundament eines großen dreischiffigen Steinbaus (Gebäude E) mit einer Seitenlänge von rund 24x18m freigelegt werden (Abb.). Im Umfeld der Gebäude fanden sich mehrere Gruben, die als Spuren handwerklicher Tätigkeit gedeutet werden können, sowie eine Gruppe von seichten Pfostengruben, die möglicherweise zu einer Flugdachkonstruktion gehören. 2009 konzentrierten sich die Untersuchungen auf den Nord-Westbereich dieser Anlage sowie auf nördlich an das Gebäude anschließende Befundflächen.
Es wurde eine parallel zur Westmauer des Gebäudes orientierte Grube von 6,25m Länge und 1m Breite beobachtet, die einen älteren Nordwest-Südost verlaufenden Graben schneidet. Der auf 10,5 m Länge beobachtete Graben (Breite 0,2m) wird vom Fundament der Westmauer von Gebäude E geschnitten und ist damit vorgebäudezeitlich anzusetzen.
Nördlich des Gebäudes wurde im Nahebereich der Mauer eine annähernd quadratische Grube von 2,8m Seitenlänge aufgedeckt. An der Nordostecke des Gebäudes wurde eine weitere rechteckige Grube von 2x2,8m Seitenlänge parallel zum Gebäude angetroffen. Die Grube und ihre Verfüllung sind stark verziegelt, sie werden daher als Feuerstelle bzw. Ofen interpretiert. In Fortsetzung der Flucht der östlichen Außenmauer von Gebäude E wurde eine mehrphasige Grabenstruktur angetroffen. Die Gräben lassen sich bis in eine Distanz von 7,5m von der Nordfront des Bauwerks verfolgen. Auf Höhe des Grabenabschlusses wurde ein weiterer stark verziegelter Grubenkomplex parallel zur Flucht der Gräben angetroffen. Eine detaillierte Untersuchung dieser Befunde, besonders auch hinsichtlich der chronologischen und funktionellen Stellung der Feuerstellen bzw. Öfen in Bezug auf Gebäude E soll in der Grabungskampagne 2010 abgeschlossen werden.

© Felix Lang, Raimund Kastler, Stefan Moser, Thomas Wilfing, Wolfgang Wohlmayr
e-mail: felix.lang@sbg.ac.at, raimund.kastler@salzburgmuseum.at, s.moser@mac.com, thomas.wilfing@gmx.at, wolfgang.wohlmayr@sbg.ac.at


This article should be cited like this: F. Lang, R. Kastler, St. Moser, Th. Wilfing, W. Wohlmayr, Erste Ergebnisse des Grabungs-, Sozial- und Wirtschaftsprojektes villa rustica Neumarkt-Pfong, Forum Archaeologiae 54/III/2010 (http://farch.net).



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