Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 54 / III / 2010

EIN NEUES 14C-DATUM AUS SAQQARA (LEPSIUS) GRAB 16 UND SEINE BEDEUTUNG FÜR DIE ABSOLUTE CHRONOLOGIE VON SH IIA

Die absolute Datierung der frühen ägäischen Spätbronzezeit, insbesondere des Vulkanausbruches von Santorin am Ende der Phase Spätminoisch (SM) IA, sowie der nachfolgenden Phase SM IB, ist trotz intensiver Forschungstätigkeit der letzten Jahrzehnte nach wie vor umstritten. Während Archäologen aufgrund ägyptischer Funde auf Kreta, Thera und dem griechischen Festland einerseits, sowie minoischer und mykenischer Keramik in Ägypten andererseits, den Zeitpunkt der Eruption in das frühe Neue Reich (um 1500 v.Chr.) und die Phasen SM IB und ihr festländisches Pendant Späthelladisch (SH) IIA bis in die späte Regierungszeit Thutmosis' III. (um 1430) datiert haben, legen Radiokarbonproben von zahlreichen Fundstellen der Ägäis eine um 100 bis 150 Jahre höhere Datierung nahe.
Für die Datierung der Phasen SM IB und SH IIA stützte man sich in erster Linie auf einige Funde ägäischer Keramik, welche in Ägypten zumeist in Grabkontexten aufgefunden und für welche zumeist eine Datierung in die Zeit Thutmosis' III. angenommen wurde. Eine genauere Analyse der Grabinventare zeigt jedoch, dass in den meisten Kontexten entweder keine (wie in Sedment A 137) oder nur schlecht datierbare Keramik aufgefunden wurde (wie in Gurob 245), oder aber dass die Datierung der Keramik an sich umstritten ist (wie in Kom Rabica 530 oder Saqqara NE 1). Bislang existiert kein Kontext mit importierter ägäischer Keramik, welcher aufgrund schriftlicher Quellen zweifelsfrei der Herrschaft eines bestimmten Herrschers zugeordnet werden konnte. Aus den Zerstörungskontexten der Phase SM IB von Chania, Myrtos-Pyrgos und Mochlos stammen dagegen eine Reihe kurzlebiger Radiokarbonproben, welche alle eine Datierung um 1500 oder in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahelegen.

Im Rahmen des Spezialforschungsbereiches SCIEM 2000 konnte im Jahr 2007 ein von der Forschung bislang nicht weiter berücksichtigtes mykenisches Alabastron mit Schulterknick aus einem von der Lepsius-Expedition Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten Grab in Saqqara im Ägyptischen Museum Berlin wieder aufgefunden und auch das übrige Beigabeninventar, darunter ägyptische Keramik, Kohl-Röhrchen und Granatäpfel in den Magazinen des Museums lokalisiert werden. Das mykenische Gefäß kann in die Phase SH IIA datiert werden, während die ägyptischen Beifunde eine Datierung in die Zeit Thutmosis' III. nahezulegen scheinen. Eine zweifelsfreie Datierung aufgrund schriftlicher Zeugnisse gibt es aber auch in diesem Fall nicht.
Im Sommer 2008 konnten jedoch einzelne Granatäpfelkerne entnommen und anschließend im Vienna Environmental Research Accelerator untersucht und datiert werden. Zum ersten Mal konnte wurde somit ein ägyptischer Kontext mit einem ägäischen Import naturwissenschaftlich datiert und das Ergebnis ist daher für die absolute Chronologie der ägäischen Spätbronzezeit von enormer Bedeutung. Die 14C-Datierung unterstützt eine Einordnung des Grabes in die Zeit Thutmosis' III. und schließt somit die traditionelle (archäologische) Chronologie der ägäischen Spätbronzezeit nicht aus.

© Felix Höflmayer
e-mail: fho@orient.dainst.de

This article should be cited like this: F. Höflmayer, Ein neues 14C-Datum aus Saqqara (Lepsius) Grab 16 und seine Bedeutung für die absolute Chronologie von SH IIA, Carnuntum, Forum Archaeologiae 54/III/2010 (http://farch.net).



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