Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 50 / III / 2009

NEUE FORSCHUNGEN ZUR FRÜHBRONZEZEIT IN DER OSTÄGÄIS

Ephesos ist gemeinhin für seine antiken Ruinen bekannt. Ein FWF-Projekt (Projektnr. P 19859-G02) zur Grundlagenforschung zur Kupfer- und Bronzezeit in Ephesos widmet sich nun erstmals ausschließlich den prähistorischen Perioden, wobei der Çukuriçi Höyük im Zentrum der Untersuchungen steht. Es handelt sich um einen Tell mit einer heute flächigen Ausdehnung von rund 100 x 80 m, dessen Kulturschichten im Jahr 2006 noch bis zu 4,5 m Höhe über dem Laufhorizont der umgebenden Plantagen erhalten waren. Der Siedlungshügel liegt südöstlich der späteren antiken Metropole von Ephesos und wurde bereits 1995 von Kollegen des Archäologischen Museums Selçuk kurz untersucht [1]. In den darauffolgenden Jahren wurden große Teile allerdings abgegraben und einplaniert, so dass zu Projektbeginn 2007 bereits mindestens die Hälfte des Siedlungshügels zerstört worden war, wie aus verschiedenen Luftaufnahmen zu schließen ist [2].
Die seit 2006 ausgegrabenen und sicher definierbaren Siedlungsphasen datieren in das frühe Chalkolithikum (ca. um 6000), das späte Chalkolithikum (2. H. 4. Jt.) und die frühe Bronzezeit (1. H. 3. Jt.). In den bislang untersuchten Arealen ließen sich keine Hinweise auf eine Nutzung des Hügels im 5. Jt. feststellen. Jüngst durchgeführte Bohrungen in der bislang ältesten Siedlungsphase (Çuk VIII: Frühchalkolithikum) lassen noch einige weitere, darunter liegende Kulturschichten erwarten.


Im Fokus dieses Beitrages stehen die beiden jüngsten Siedlungsphasen (Çuk IV-III), die in die frühe Bronzezeit datieren (Abb.). Phase Çuk IV besteht bislang aus mehreren Gebäuden aus Steinsockelmauern mit möglichem Lehmziegelaufbau, deren Gesamtausdehnung noch nicht in allen Bereichen erfasst wurde. Neben einem Einraumhaus liegen weitere mehrräumige Gebäude in Nord-Süd-Ausrichtung parallel nebeneinander. Neben einfachen Lehmstampfböden kommt auch Kieselpflasterung aus Flusssteinen als Bodenbelag vor. Direkt darauf, nur durch eine durchgehende flächige Planierung getrennt, liegt die jüngste Bebauungsphase des Çukuriçi Höyük. Es handelt sich ebenfalls um Steinsockelmauern mit Lehmziegelwänden, die zu einem größeren Komplex mit mindestens acht Räumen gehört haben dürften. Die massiven landwirtschaftlichen Zerstörungen aus den letzten Jahren lassen eine Gesamtrekonstruktion des Baus nur mehr bedingt zu. Diese jüngste Siedlungsphase ging gewaltsam - möglicherweise durch ein Erdbeben - zu Ende, wie die in die einzelnen Räume gestürzten Wände dokumentieren. Dieser Zerstörungshorizont versiegelte das erstaunlich gut erhaltene und variantenreiche Fundinventar, das zu diesem Zeitpunkt in den Räumen gelagert worden war.
Neben zahlreichen Detailfragen stehen v. a. zwei Aspekte im Fokus unserer Forschungen: die kulturhistorische Einbindung dieser Siedlungsphasen in einen größeren geographischen Kontext und - als Voraussetzung dafür - ihre konkrete relativchronologische Einhängung in die Datierungssysteme der Ägäis und Anatoliens. Dabei zeigen sich vor allem im Großraum von Westanatolien im Kontrast zur Ägäis große Lücken in der Forschungslandschaft. Neben Troia selbst sind bislang nur wenige Fundorte vorhanden, die gleichermaßen stratifiziertes wie auch ausführlicher publiziertes Material aufweisen.
Unter anderem auch deshalb wurde parallel zu den Ausgrabungen am Çukuriçi Höyük ein Surveyprojekt bei Pergamon (Kooperationsprojekt mit dem DAI Istanbul) unter Leitung der Autorin begonnen, bei dem eine ebenfalls frühbronzezeitliche Siedlung (Yeni Yeldeğirmentepe) im Zentrum der Untersuchungen steht. Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Materialspektrum lassen bereits erste kulturhistorische Schlussfolgerungen zu.

[1] A. Evren - C. Içten, Efes Çukuriçi ve Arvalya (Gül Hanım) Höyükleri. Müze Kurtarma Kazıları Semineri 8, 1997, 111-133.
[2] B. Horejs, Çukuriçi Höyük. A New Excavation Project in the Eastern Aegean. Aegeo-Balkan Prehistory; http://www.aegeobalkanprehistory.net/article.php?id_art=9; s. Abb. 3-5.

© Barbara Horejs
e-mail: barbara.horejs@oeai.at


This article should be cited like this: B. Horejs, Neue Forschungen zur Frühbronzezeit in der Ostägäis, Forum Archaeologiae 50/III/2009 (http://farch.net).



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