Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 46 / III / 2008

DAS HEROON VON TRYSA
Untersuchungen zu Bildschmuck, Bauform und Grabinhaber [1]

Die Reliefs des Heroons von Trysa sind mit Wien, dem Kunsthistorischen Museum und dem Institut für Klassische Archäologie seit ihrer "Wiederentdeckung" durch Otto Benndorf im Jahre 1881 aufs engste verbunden. Nach drei Expeditionen waren die Relieffriese für einen Abtransport bereit und mit Genehmigung der türkischen Behörden konnten die Friese nach Österreich transportiert werden [2]. Im Frühjahr 1884 wurden die Funde dem KHM in Wien übergeben [3].
Dem antiken Besucher und den Forschungsreisenden im 19. Jh. bot sich, nach dem Aufstieg zum Burgberg von Trysa, der Anblick einer weitgehend intakten Grabanlage mit einem fast gänzlich erhaltenen Reliefschmuck, dessen Wirkung auf den Betrachter nur noch anhand der von W. Burger und F. von Luschan angefertigten fotografischen Aufnahmen erahnt werden kann. Die Friesplatten des Denkmals wurden im Hinblick auf die bildlichen Darstellungen aus dem ursprünglichen Kontext herausgenommen.

Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes steht die Untersuchung der ca. 156 ursprünglich bemalten Reliefplatten, welche die nahezu quadratische Grabanlage schmückten. Die Komplexität des Bildprogramms manifestiert sich in den vielfältigen Darstellungen mythologischer Themen [4], die schon mehrfach in der Literatur als Illustration griechischer Mythologie bezeichnet wurden. Einzelne Themen, wie der Freiermord, die Kalydonische Erberjagd, die Sieben gegen Theben und die Theseustaten sind einzigartig in Lykien und nur an den Friesen des Heroon in Trysa dargestellt. Ausgangspunkt für ein Verständnis der Darstellungen ist einerseits der Mythos selbst, sein Kontext zu Inhalt und Aussage, andererseits die Auswahl der Bilder und Interpretation der Themen sowie der Bezug zum Leben des Verstorbenen und Grabherrn. Es gilt zu begreifen, welche Botschaft die Bilder vermitteln wollen und wie die Erzählstruktur auf die lykische Lebenswelt des Auftraggebers Bezug nimmt. Fest steht jedenfalls, dass die multikulturelle Bilderwelt der Friese, die sich schon am Tor in den Stierkopfprotomen, den Besfiguren, den Tänzerinnen und nicht zuletzt in den griechischen Bildthemen manifestiert, den Grabherrn als vielseitig interessierte und "weltoffene" - im antiken Sinne - Persönlichkeit präsentiert.
Nach Abschluss des Forschungsprojektes ist eine umfassende Publikation der Reliefplatten des Heroons geplant, die im Kontext der Grabanlage und besonders der Denkmäler des 4.Jhs. v.Chr. in Lykien diskutiert werden.


[1] Für die Initiierung und Finanzierung des Projektes danke ich dem Generaldirektor des KHM, Prof. Dr. W. Seipel und dem Direktor der Antikensammlung des KHM, Dr. K. Gschwantler.
[2] Zur Erwerbungsgeschichte s. H.D. Szemethy, Die Erwerbungsgeschichte des Heroon von Trysa. Ein Kapitel österreichisch-türkischer Kulturpolitik, Wiener Forschungen zur Archäologie 9 (Wien 2005).
[3] O. Benndorf - G. Niemann, Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa (Wien 1889); F. Eichler, Die Reliefs des Heroon von Trysa (Wien 1950); W. Oberleitner, Das Heroon von Trysa: Ein lykisches Fürstengrab des 4. Jahhunderts v. Chr., AW 28, Sondernr. (Mainz 1994).
[4] Zu den Friesen: Die Reliefs der ursprünglich 211m langen Friese des Heroons von Trysa waren in zwei Plattenreihen übereinander versetzt und bildeten die letzten Steinschichten unter dem Abschlußgesims der Ummauerung. Der Bildschmuck läßt sich in folgende Themen untergliedern, die hier nach den Anbringungsorten am Bau aufgelistet werden: Südseite, Außenwand: Amazonomachie, Kentauromachie (links); Sieben gegen Theben, Landungsschlacht (rechts); Tor: Stierprotome, Gorgoneion und Rosetten; Sitzfiguren. Südseite, Innenwand: Freiermord, Kalydonische Eberjagd, Viergespann, Entführung/Frauenraub, Bellerophon und Chimaira, Bankettszenen; Tor: Bes-Figuren (Türsturz), Kalathostänzer (Leibungssteine). Westseite: Schlacht, Stadtbelagerung, Amazonomachie. Nordseite: Raub der Leukippiden (links); Jagd, Kentauromachie (rechts). Ostseite: Kentauromachie (links); Friesreste, Theseis und Perseustaten (rechts).

© Alice Landskron
e-mail: alice.landskron@univie.ac.at


This article should be cited like this: A. Landskron, Das Heroon von Trysa. Untersuchungen zu Bildschmuck, Bauform und Grabinhaber, Forum Archaeologiae 46/III/2008 (http://farch.net).



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