Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 42 / III / 2007

PREISE BEI DEN WETTKÄMPFEN IN DER ANTIKE

Sehr anschaulich und treffend lässt der griechische Schriftsteller Lukian (ca. 120-180 n.Chr.) in seinem Werk Anacharsis den gleichnamigen Skythen die Bedeutung der Preise für die Griechen und das damit verbundene, äußerst ausgeprägte Streben nach diesen beschreiben: ... die Wettkampfpreise, die du nennst, sind in der Tat überaus erhaben. Sie sind es wert, dass diejenigen, die sie aussetzen, stolz auf ihre Großzügigkeit sind und dass die Wettkämpfer selbst alles daran setzen, so große Dinge zu erlangen, so dass sie sich für Äpfel und Sellerieblätter derartig abmühen und Gefahr laufen, voneinander erwürgt und auseinandergebrochen zu werden [...] [1].
Bei den panhellenischen Wettbewerben von Olympia, Delphi, Isthmia und Nemea handelte es sich um sogenannte ,Kranzagone' (agónes stephanítai), bei denen erfolgreiche Sportler mit der Überreichung eines hoch angesehenen, materiell aber wertlosen Siegeskranzes belohnt wurden.
Die Wahl des Laubes war eng mit dem jeweiligen Kult der Wettkampfstätte verbunden, worauf im nächsten Kapitel noch ausführlich eingegangen wird. Die Tatsache, dass sich antike Athleten mit einem Kranz aus Blättern als Belohnung zufrieden gaben, untermauerte die bereits erläuterte These vom ,agonalen Menschen' der Antike von Jacob Burckhardt und verleitete ihn und nach ihm besonders Ernst Curtius zu der irrigen Annahme, dass die damaligen Wettkämpfer nur an Ethos interessiert, nicht jedoch am ,schnöden Gewinn' orientiert waren und sich so auf ideelle Preise beschränkten. Das war keineswegs der Regelfall: In der Antike findet man an keinem anderen Ort der zahlreichen Sportagone, außer eben bei den Kranzspielen, einen Verzicht auf materielle Siegespreise. Man spricht daher von ihnen - im Gegensatz zu den ,Kranzagonen' - als 'Wertagone' (agónes thematikoí). Pindar überliefert, dass es in der ersten Hälfte des 5.Jhs. v.Chr. neben den vier panhellenischen mindestens zwanzig [sc. weitere] Wettkampfstätten in Griechenland gab - es waren wohl noch wesentlich mehr Orte, die die Athleten mit wertvollen Siegespreisen anlockten [2].
Diese beiden Agon-Typen existierten nebeneinander. Es fand keine Trennung oder Distanz, sondern eine Vermischung der Teilnehmer dieser Wettbewerbe statt: Ein Sieg bei den Kranzspielen war die beste Werbung für einen professionellen Sportler; bisweilen bezahlte der Ausrichter eines Wettkampfes sogar Athleten für deren Antritt [3].
All die vergebenen Preise, egal ob ideeller oder materieller Art, besaßen eine enge Bindung zu den jeweiligen lokalen Kulten und mythischen Traditionen der Wettkampfstätten. Sie präsentierten und symbolisierten die Austragungsorte in ganz spezifischer Art und Weise und wiesen so auf gewisse Aspekte, Besonderheiten oder auch Eigentümlichkeiten dieser Stätten hin. In der Antike stellten die materiellen Siegespreise häufig die einzige finanzielle Einnahmequelle der Athleten dar, weshalb natürlich eine verstärkte Aufmerksamkeit auf den Wertagonen lag, was allein durch ihre kontinuierliche Zunahme sehr deutlich wird. Nur ständig erfolgreiche Sportler, d.h. regelrechte ,Profis', konnten durch Preisgelder über ein gewisses Einkommen verfügen und sich so ihren Lebensunterhalt verdienen.
Ein interessantes Relieffragment aus dem Metropolitan Museum of Art in New York (Inv.no.59.11.19), das in die Mitte des 2.Jhs. n.Chr. datiert wird, stellt einige in der Antike vergebene Preise dar, nämlich eine Panathenäische Preisamphora der Panathenäischen Spiele von Athen, einen Kranz aus Kieferzweigen für die Isthmischen Spiele, einen Schild der Heraía in Argos und schließlich einen Eppichkranz für die Nemeischen Spiele. Alle diese Siegespreise sind mit erklärenden Bemerkungen versehen; die unten entlang laufende Inschrift nennt den Stifter: Alexandrou Rhamnousios (Abb. 1).



Kranzagone

Bei jedem sportlichen Agon bekam der siegreiche Athlet einen Kranz, entweder allein oder in Verbindung mit anderen Preisen [5]. Die Kranzagone hoben den Aspekt der Bekränzung besonders hervor, indem sie den Kranz zu ihrem spezifischen Siegespreis wählten.
In den homerischen Dichtungen wird ein Siegeskranz nicht erwähnt, was vielleicht die einmalige Durchführung dieser Leichenspiele zu Ehren des Patroklos als Ursache hatte. Schließlich führten Wettbewerbe historischer Zeit immer einen periodisch gefeierten Kult einer Gottheit oder eines Heros weiter. Die Wettkämpfe fanden in deren heiligen Bezirken statt und der Kranz bzw. das Laub, aus dem der Kranz gefertigt wurde, stammte entweder von den der Gottheit heiligen Bäumen, wie im Falle von Olympia, Delphi und Athen, oder war zumindest in die Kulthandlungen miteingebunden, wie das beispielsweise für Nemea oder Isthmia gezeigt werden kann [6].
Der genaue Zeitpunkt der Bekränzung innerhalb des Ablaufes eines Agons ist noch im Unklaren. Wie bereits erwähnt, vermutet man, dass sie entweder direkt nach dem jeweiligen Wettstreit vorgenommen wurde oder gestaffelt am Ende der Spiele. Ging eine Konkurrenz unentschieden aus, weihte man zum Beispiel in Olympia den Kranz dem Zeus [7]. Ebenso konnte man aber nach allgemeinem Brauch den Kranz, nachdem man ihn erhalten hatte, einer Gottheit oder einer bestimmten Sache widmen. Seit dem späteren 5.Jh. v.Chr. wurde bei allen antiken Agonen zusätzlich im Anschluss an den jeweiligen Wettkampf vor der eigentlichen Bekränzung dem Athleten ein Palmwedel verliehen, der bald Inbegriff des Siegespreises, vor allem dann bei den Römern, war [8].
In Olympia bestand der Siegeskranz aus Zweigen eines wilden Olivenbaumes. Es gibt viele mythische Überlieferungen, die alle den Olivenkranz mit dem Ursprung der Spiele in Bezug setzen wollen: Herakles soll den Olivenbaum aus dem fern im Norden gelegenen Land der Hyperboreer nach Olympia gebracht und gleichzeitig die Spiele zu Ehren seines Vaters Zeus institutionalisiert haben [9]. Ungewiss ist, ob es den Kranz nicht erst zu den siebten Olympien gegeben hat: A.R. Littlewood möchte aufgrund eines apokryphen Spruchs einen Apfel als ersten Preis bei den Olympischen Spielen ansehen, während dagegen S. Benton die archäologisch nachgewiesenen Dreifüße als mögliche Auszeichnungen in frühester Zeit betrachtet [10].
Jedenfalls bezog man in den folgenden Jahrhunderten die Zweige aus einem heiligen Hain von Olivenbäumen, der wohl im 5.Jh. v.Chr. durch den Bau des neuen Zeustempels erheblich dezimiert wurde [11]. Im 4.Jh. v.Chr. gab es nur noch einen einzigen ehrwürdigen Baum, die sogenannte elaía kallistéphanos, und daneben lag ein den Nymphen geweihter Altar, wie Pausanias in seinem fünften Buch berichtet [12]. Diesen Bereich nennen die Quellen Pántheion [13]. Ferner war es in Olympia Tradition, dass ein Knabe, dessen beide Elternteile noch leben mussten (pais amphithalés), von eben jenem Baum die Zweige für die Siegeskränze mit einer goldenen Sichel abschnitt. Die Kränze befanden sich in der Frühzeit der Spiele während der Siegerehrung auf einem bronzenen Dreifuß und später auf einem wertvollen goldelfenbeinernen Tisch des Künstlers Kolotes, der im Heratempel verwahrt wurde [14]. Bei den alle fünf Jahre stattfindenden Heräen, an denen elische Mädchen teilnehmen konnten, verlieh man an die Siegerin ebenfalls einen Ölkranz [15].
Bei den Pythischen Spielen von Delphi waren nach deren Reorganisation im frühen 6.Jh. v.Chr. ein Kranz aus Lorbeerblättern sowie Äpfel als Preise ausgesetzt, die nach einer antiken Quelle die ältesten Siegespreise von Delphi gewesen sein sollen [16]. Man versuchte auch hier die Wahl dieses Laubes als Siegespreis mythologisch zu fundieren: Die Nymphe Daphne, die griechische Bezeichnung für ,Lorbeer', war auf der Flucht vor dem liebestollen Apollon von diesem in einen Baum verwandelt worden und stellte seitdem den heiligen Lorbeerbaum dar. Eine andere Version wollte einen realen Baum als Ursprung dieser Sitte sehen, den der Gott Apollon selbst aus dem Tempetal in Thessalien nach Delphi verpflanzt hatte [17]. Auch hier war ein pais amphithalés für das Abschneiden der benötigten Zweige verantwortlich. An dieser Stelle sei auf die abgebildeten Lorbeerkränze aus dem 2.Jh. v.Chr. hingewiesen (Abb. 2).
Wie in Olympia und Delphi wurden die Spiele in Isthmia auf einen mythischen Gründer zurückgeführt. Die Quellen bieten zahlreiche Vorschläge: Als mögliche Kandidaten werden Poseidon, Helios, Sisyphos oder auch Theseus angeführt. Pausanias nennt folgende Möglichkeiten in seinem zweiten Buch: Geht man weiter, so wuchs noch zu meiner Zeit die Strandkiefer am Strand und existierte ein Altar des Melikertes. An diese Stelle soll das Kind von dem Delphin getragen worden sein; und dort habe ihn Sisyphos gefunden, ihn auf dem Isthmos begraben und für ihn die isthmischen Spiele eingerichtet ... . [18] ... die Korinther erzählen nämlich, Poseidon sei mit Helios über das Land in Streit geraten und Briareos sei Schiedsrichter zwischen ihnen geworden und habe den Isthmos und was dort ist, dem Poseidon zugesprochen, aber die Burg über der Stadt dem Helios gegeben. Daher soll der Isthmos dem Poseidon heilig sein. [19]
Isthmia ist der einzige bekannte Fall, in dem sich zwischenzeitlich das Laub des Siegeskranzes veränderte: Anfangs verwendete man Fichtenzweige (pítys), nach 479 v.Chr. geht man zum isthmischen Eppichkranz über, ehe man vermutlich in hellenistischer Zeit wieder zu den Blättern der Fichte wechselte [20]. Antike Kommentare unterscheiden zwischen dem isthmischen und dem nemeischen Eppichkranz, indem sie darauf hinweisen, dass die Blätter in Isthmia getrocknet und in Nemea frisch gewesen seien [21]. Jedenfalls stand das Heiligtum des Poseidon mitten in einem großen Fichtenhain, der von Philostrat als pityódes bezeichnet wird.
Die Nemeischen Spiele schlossen an die Kulte des Heros Opheltes und des Zeus an. Sowohl Aischylos als auch Euripides berichten, dass der Knabe Opheltes im Tal von Nemea auf Eppich gebettet von einer Schlange getötet wurde, während dagegen nach einer anderen Version die Spiele auf Herakles zurückgeführt wurden, der nach seinem Sieg über den Nemeischen Löwen diesen mit Eppichblättern bekränzte und Agone für seinen Vater Zeus einrichtete. Jedenfalls wurde bei diesem Wettbewerb ein aus Eppich geflochtener Kranz als Siegespreis ausgesetzt, eine Pflanze, die wohl in der Gegend von Nemea wild in Sümpfen wuchs [22].
Es gab ferner zahlreiche lokale Wettbewerbe, an denen den Siegern neben wertvollen Gegenständen, die entweder für den profanen Gebrauch oder für die Weihung an eine Gottheit bestimmt waren, Kränze zukamen.
Auf Rhodos fanden zwei Agone statt: Bei den sogenannten Tlapolemeia - einem Fest zu Ehren des Heros Tlapolemos - erhielten die erfolgreichen Athleten laut Pindar einen Blumenkranz, während dagegen bei den Halíleia - einem für Helios eingerichteten Wettstreit - ein Pappelkranz gereicht wurde [23].
Der Myrtenkranz fand bei mehreren lokalen Spielen Verwendung: Er wurde bei den Héraia auf Argos neben einem Schild als Siegespreis vergeben, ebenso in Theben bei den Herákleia bzw. Ióleia, allerdings hier mit chthonischer Konnotation und darüber hinaus zusammen mit einem Dreifuß. Des Weiteren reichte man einen Myrtenkranz bei den Eleusinia in Eleusis und auch beim Schönheitsagon der elischen Männer [24].
In Nikopolis bei den Áktia stellte der Siegespreis ein Kranzgeflecht aus Schilf dar, in Neapolis bei den Sebastá ein Ährenkranz und in Pergamon bei den Sebastá Romaía ein Eichenkranz [25]. Im Zusammenhang mit den Großen Panathenäen in Athen seien hier nur der Olivenkranz und die seit dem 2. Viertel des 5.Jhs. v.Chr. belegten Goldkränze für die musischen Agone erwähnt [26].

Wertagone

Bei der Mehrzahl antiker Wettkämpfe wurden - wie bereits erwähnt - materielle Preise als offizielle Belohnung gereicht und oftmals nicht nur die Sieger, sondern auch schlechter Platzierte berücksichtigt; in der Regel stellte diese Art von Anerkennungen die Haupteinnahmequelle der Athleten dar und bestand häufig in Naturalien oder Gegenständen, die am austragenden Wettbewerbsort reichlich zur Verfügung standen, sehr leicht zu beschaffen oder der jeweiligen Gottheit heilig waren.
Sehr gut informiert sind wir über die in großer Zahl auf Ausgrabungen gefundenen Panathenäischen Preisamphoren, die seit 566 v.Chr. alle vier Jahre bei den ,Großen Panathenäen' in Athen neben einem Olivenkranz als Siegespreis für die Erst- und Zweitplatzierten gereicht wurden und durch Handel weite Verbreitung in Regionen wie Etrurien, der Kyrenaika, Süditalien, Sizilien, der Levante, Zypern und Ägypten fanden.
Es handelt sich dabei um speziell angefertigte Vorratsgefäße, die mit Öl von den heiligen Olivenbäumen der Athena (moriai) gefüllt waren, das den eigentlichen Preis darstellte. Die Vergabe von Öl stellte wohl eine alte Tradition dar, da die Athleten dieses täglich bei der sportlichen Betätigung verwendeten [27].
Die Panathenäische Preisamphora stellt eine Sonderform der Halsamphora dar, die sich von gedrungenerer, bauchiger zu schlanker, gestreckterer Gestalt wandelte - im 4.Jh. v.Chr. war sie etwa 25 cm größer als im 6. und 5.Jh. v.Chr. - und auch der Fuß veränderte seine Form von echinus- über scheiben- zu glocken- oder trompetenförmig [28]. Unverändertes Charakteristikum dieses Gefäßes war das immer gleiche Bemalungsschema in schwarzfiguriger Technik, die bis in die römische Kaiserzeit beibehalten wurde: Die Vorderseite zeigte die Stadtgöttin Athena im Typus der Promachos mit Helm, Lanze und Schild zwischen zwei Säulen, deren Kapitelle im 6. und 5.Jh. v.Chr. Hähne trugen, bevor diese im frühen 4.Jh. v.Chr. durch jährlich wechselnde Figuren ersetzt wurden [29]; dieses Darstellungsschema war allerdings ständigen Variationen unterworfen [30].
Seit 385/4 v.Chr. gab man noch den Namen des höchsten Archonten an, der der Verantwortliche für die Fertigung und Abfüllung war, was uns heute eine willkommene Datierungshilfe liefert. Wettkampfbilder der hippischen und gymnischen Agone zierten die Rückseite, die im 6.Jh. v.Chr. vielfigurige und aktionsreiche Szenen und vor allem dann im 4.Jh. v.Chr. zahlreiche Niken mit allegorischer Konnotation abbildeten. Aber der wohl kennzeichnendste Bestandteil dieser Siegeramphoren war die etikettartige Preisinschrift TΩN AΘHNHΘEN AΘΛΩN -'(einer) von den Preisen aus Athen', die auf jedem Gefäß zu finden war [31]. Diese Amphora wurde folglich durch eine bestimmte Form, Technik, ikonographisches Schema, Größe und Preisinschrift definiert, wobei man allerdings eine allgemeine Normierung ausschließen muss.
Davon abzugrenzen sind die sogenannten Pseudo-Preisamphoren oder Amphoren panathenäischer Form. Diese wiesen im Grunde das gleiche Bemalungsschema auf, besaßen allerdings eine geringere Größe von etwa 50 cm bis zum Miniaturformat und zeigten keine Preisinschrift, d. h. sie wurden nicht offiziell verwendet. Oftmals findet man auf der Rückseite Darstellungen von musischen Wettkämpfen, für die gar kein Öl als Preis vergeben wurde. Derartige Gefäße wurden in erster Linie als eine Art ,Souvenir' für den Handel produziert, was die häufig eingeritzten Handelsgraffiti belegen; sie waren eine Reaktion auf die steigende Nachfrage, die vor allem in Regionen wie Etrurien bestand. Um 480/70 v.Chr. verschwanden diese Pseudo-Preisamphoren vom Markt [32].
Ein Zweitplatzierter erhielt immer ein Fünftel der Amphorenmenge des Siegers, wobei die erfolgreichen Männer in ihren Agonen stets 20 Amphoren mehr als die Jugendlichen zugewiesen bekamen. Im Lauf der Zeit benötigte man alleine bei einem einzigen Fest zwischen 1472 und 1567 Amphoren Öl, die zu unterschiedlichen Teilen an die verschiedenen Disziplinen und Preisklassen verteilt wurden [33].
Der äußerst lukrative Auftrag zur Herstellung der gesamten Preisamphoren wurde seit 530 v.Chr. vom Archon Eponymos öffentlich ausgeschrieben und schließlich nach einem Wettbewerbsverfahren an eine Werkstatt vergeben, die ihre Gefäße mit einem spezifischen Zeichen am Schild der Athena versah [34].
Da beispielsweise ein Sieger im Wagenrennen 140 Amphoren, d. h. etwa 5000 l Öl erhielt, und ein Sieger im Stadionlauf immerhin noch 80 Amphoren, d. h. etwa 3000 l Öl, muss man eine rein private Verwendung ausschließen. Eine Bemerkung eines Pindar-Scholiasten weist darauf hin, dass es ausschließlich den Panathenäen-Siegern erlaubt gewesen sei, Öl aus Attika auszuführen [35]. Ein Großteil dieser Gefäße samt Inhalt wurde also verkauft, was dem Athleten einen erheblichen finanziellen Gewinn einbrachte, oder für kultische Zwecke gestiftet, wie zahlreiche Funde in Heiligtümern bestätigen. Dort weihte man sie als Dankesgabe und verwendete das Öl für Libationen. Aber auch in Grabungskontexten wie öffentlichen Bereichen, Privathäusern oder Gräbern traten sie zu Tage, in denen Öl zur Körperreinigung und Speisenzubereitung benötigt oder die Gefäße in sekundärer Verwendung zur Aufnahme von Asche oder zum rein dekorativen Zweck verwendet wurden [36].
Die Panathenäischen Preisamphoren waren also keine symbolhaften Sportpokale, sondern aufgrund ihres Inhaltes, dem attischen Olivenöl, wertvolle Sachpreise, die entweder profane oder auch kultische Verwendung fanden und für die siegreichen Athleten eine äußerst lukrative Einnahmequelle darstellten.
Eine Stele aus dem Jahr 126/27 n.Chr. weist ein Relief mit drei Wettkampfpreisen und ein siebenzeiliges Epigramm auf, das einen Diogenes erwähnt, der dieses Werk seinem Freund Marcianus widmet. Da es sich bei den dargestellten Preisen um einen Kranz, eine Amphora und einen Palmzweig handelt, liegt die Vermutung nahe, dieses Relief mit den Panathenäischen Spielen in Verbindung zu bringen und zu suggerieren, dass Marcianus wohl einer der Sieger das Jahres 126/27 n.Chr. war. Diese Stele entdeckte man in Athen im Gymnasium des Diogenes; sie befindet sich heute im Epigraphischen Museum (EM 8432 + 9983) (Abb. 3).
Aber nicht nur in Athen erhielten erfolgreiche Sportler die Möglichkeit, um wertvolle materielle Siegespreise zu wetteifern. Eleusis wartete mit großen Mengen an Getreide auf, das unmittelbar mit seinem bekannten Demeterheiligtum in Verbindung zu bringen war, während Argos bronzene Rundschilde überreichte. In Marathon erhielt man im Fall eines Sieges Silbergeschirr und in Theben Metallgefäße. Pellene im tierreichen Arkadien belohnte seine besten Athleten mit Gewändern aus heimischer Wolle [37].
Die steigende Anzahl und Bedeutung von Wettbewerben im Laufe der Jahrhunderte belegt die Begeisterung, den Enthusiasmus und die Freude der Griechen an sportlicher Aktivität und Betätigung.
Egal ob man nun in der Antike an einem Kranz- oder einem Wertagon antrat, es war für den teilnehmenden und schließlich erfolgreichen Sportler eine höchst lukrative und lohnende Angelegenheit, die ihm sowohl ein erhebliches Sozialprestige als auch ein finanzielles Vermögen einbringen konnte. All die Auszeichnungen und Ehrungen, die dem siegreichen Athleten von seiner Heimatpolis und dem austragenden Wettkampfort zukamen, stellten einen enormen Anreiz zur Teilnahme an Agonen dar.

Die Auflösung der Kurzzitate entnehmen Sie bitte der Bibliographie.
[1] Lukian, Anacharsis 9.
[2] Weeber 2000, 102.
[3] Weeber 2000, 100ff.
[4] J. Bartels, Zwischen Adelsprivileg und Massenphänomen: Sport und griechische Gesellschaft, in: Sportschau 2004, 10.
[5] M. Blech, Studien zum Kranz bei den Griechen (1982) 109.
[6] Blech a.O. 146f.
[7] Blech a.O. 111.
[8] R. Krumeich, Lohn der Mühen und Dank an die Götter: Wettkampfpreise, Ehrungen und Siegerstatuen, in: Sportschau 2004, 189.
[9] J. Bartels, Nachbildungen antiker Siegeskränze, in: Sportschau 2004, 205.
[10] Blech (Anm. 5) 129.
[11] Bartels (Anm. 9) 206.
[12] Paus. V 15, 3.
[13] Blech (Anm. 5) 129.
[14] Krumeich (Anm. 8) 189.
[15] Blech (Anm. 5) 130f.
[16] Blech (Anm. 5) 138.
[17] Bartels (Anm. 9) 207.
[18] Paus. II 1, 3.
[19] Paus. II 1, 6.
[20] Blech (Anm. 5) 132ff.
[21] Bartels (Anm. 9) 207.
[22] ebenda.
[23] Blech (Anm. 5) 139.
[24] Blech (Anm. 5) 140.
[25] Bartels (Anm. 9) 205.
[26] Blech (Anm. 5) 145.
[27] Bentz 1998, 12.
[28] Bentz 1998, 19.
[29] N. Eschbach, Statuen auf Panathenäischen Preisamphoren des 4.Jhs. v.Chr. (1986).
[30] Bentz 1998, 41.
[31] Krumeich (Anm. 8) 190.
[32] Bentz 1998, 20ff.
[33] Bentz 1998, 14ff.
[34] Bentz 1998, 30. - Über die Zeremonie der Übergabe an sich ist leider weder aus bildlichen noch aus schriftlichen Quellen etwas bekannt.
[35] Bentz 1998, 89.
[36] Bentz 1998, 95-118.
[37] D. Potsi - U. Sinn - M. Rodenkirchen, Auszeichnung der Sieger, in: Sinn 1996, 53.

© Marie Röder
e-mail: marie.roeder@gmx.de

This article should be cited like this: M. Röder, Preise bei den Wettkämpfen in der Antike, Forum Archaeologiae 42/III/2007 (http://farch.net).



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