KYPRISCHE VASEN UND TERRAKOTTEN
Kataloge der Archäologischen Sammlung der Universität Wien I
Friedrich Brein (Hrsg.)



Die Archäologische Sammlung der Universität Wien wurde in ihrer gegenwärtigen Form im Studienjahr 1895/96 gegründet. Sie beherbergt neben einer großen Anzahl von Gipsabgüssen bedeutender antiker Kunstwerke auch antike Originale verschiedener Art und Provenienz. Um die zum Teil noch unpublizierten Objekte dem Fachpublikum und einer interessierten Öffentlichkeit näher zu bringen, wurde die Herausgabe einer Katalogreihe ins Auge gefaßt. Die gesamten Bestände der Sammlung sollen darin wissenschaftlich aufgearbeitet und in angemessener Form präsentiert werden.

Der erste Band, der die Vasen und Terrakotten kyprischer Herkunft zum Inhalt hat, ist nun im Jänner 1997 erschienen. Dem Katalogteil voraus geht eine biographische Würdigung jener beiden Gelehrten, denen die Archäologische Sammlung der Universität Wien ihre Kypriaka verdankt: Franz von Luschan und Eugen Oberhummer. Beide haben namhafte Beiträge zur Altertumsforschung geleistet und beider Arbeit war stets durch eine fachübergreifende - heute würde man sagen "interdisziplinäre" - Methodik geprägt, die noch immer Vorbildwirkung besitzt. Der Geograph Eugen Oberhummer ist den Archäologen durch seine Arbeiten über Aitolo-Akarnanien und Zypern, aber auch durch seine zahllosen Beiträge zu Paulys Realencyklopädie des classischen Altertums ein Begriff; der Arzt, Anthropologe und Völkerkundler Felix von Luschan wurde vor allem durch die Leitung und Publikation der Ausgrabungen in Sendschirli, der Hauptstadt eines späthethitischen Königreichs, bekannt.
Harald Wolf hat die Leistungen Luschans und Oberhummers in zwei Beiträgen hervorgehoben, die durch reiche Quellenangaben in den Anmerkungen auch der wissenschaftlich orientierten Leserschaft zum Nutzen gereichen.

Im Katalog und dem daran anschließenden Tafelteil werden die Vasen und Terrakotten durch maßstabgerechte Zeichnungen, z.T. in mehreren Ansichten, und durch Photos illustriert. Die begleitenden Texte von Lotte Dollhofer (Vasen) und Kurt Schaller (Terrakotten) bieten neben Angaben zu Typologie und Datierung auch umfangreiche Literaturverweise. Darüber hinaus werden an geeigneter Stelle weiterführende Themenkreise wie Herstellungstechniken und Verbreitungsmuster angesprochen.
Die genaue Herkunft der Objekte, ihre Fundumstände und ihr Erwerb waren bislang insgesamt ungeklärt, nun können zumindest einige signifikante Stücke aus dem Nachlaß Eugen Oberhummers durch die Inbeziehungsetzung der verschiedenen Reiserouten des Gelehrten auf Zypern mit publizierten Stücken gesicherter Provenienz einem bestimmten Fundort, nämlich Limniti, einem Flecken im Nordwesten der Insel, zugeordnet werden.


Abb. 1: Krug, Red Polished III, Frühkyprisch III bis Mittelkyprisch II.
Inv. Nr. 969
Die Vasen, die sich im Besitz der Sammlung befinden, datieren von der frühen Bronzezeit bis in die archaische Periode und wurden bereits 1942 von Hedwig Kenner im CVA Deutschland 5 (Wien 1, Universität und Professor Franz von Matsch) vorgestellt. Da aber ein großer Teil der Fachliteratur erst noch erschienen ist und auch der Abbildungsmodus den modernen Anforderungen nicht mehr entspricht, erschien eine Revision dringend nötig.
Bei Restaurierungsarbeiten, die kürzlich an einem früh- bis mittelbronzezeitlichen Krug (Inv.Nr. 969) vorgenommen wurden, konnte überdies ein Vasenstöpsel, der sich im Inneren des Gefäßes befunden hatte, geborgen werden. Dadurch wird belegt, daß enghalsige Gefäße nicht nur mit vergänglichen Materialien verschlossen wurden, sondern daß auch eigens aus Ton geformte Stöpsel zu diesem Zwecke angefertigt wurden. Der Stöpsel wird im Katalog erstmals gezeigt (Abb. 1).
Die großteils archaischen Terrakotten waren bislang unpubliziert, einige außergewöhnliche Stücke werden gewiß auf reges Interesse in der Fachwelt stoßen. So bietet etwa eine mit punktierten Ornamenten (Abb. 2) versehene Votivterrakotte interessante Anhaltspunkte für weitere religionshistorische und kunstmythologische Studien; von besonderem stilgeschichtlichen Interesse ist auch eine von griechischen Jünglingsdarstellungen beeinflußte männliche Figur, die wahrscheinlich aus dem frühen 5. Jh. v. Chr. stammt, und das Aufeinandertreffen von kyprischen und griechischen Traditionen eindrucksvoll widerspiegelt.
Neben den kyprischen Stücken werden auch zwei Terrakotten besprochen, die nicht von der Insel selbst stammen, sondern aus dem nordsyrisch- palästinensischen Raum. Sie wurden dennoch mit aufgenommen, da sie einerseits dem Nachlaß F. von Luschans angehören und andererseits Typen repräsentieren, die wesentliche Anregungen für die kyprische Koroplastik boten.


Abb. 2: Kyproarchaische Votivterrakotte. Inv. Nr. 1031
Der nun vorliegende erste Band der geplanten Katalogreihe konnte mit finanzieller Unterstützung durch den Akademischen Senat der Universität Wien, der aus den Mitteln der autonomen Gebarung einen namhaften Betrag zur Verfügung gestellt hat, realisiert werden. Es steht zu hoffen, daß auch die weitere Abwicklung des Projektes nicht an fehlenden Mitteln scheitert. Konkret geplant sind u.a. die Publikation der mykenischen und geometrischen Vasen sowie die Herausgabe von Materialien zu Leben und Werk von Emanuel Löwy.

Der Katalog kann zum Preis von 149,90 ATS bei folgender Adresse bezogen werden: Archäologische Sammlung der Universität Wien, Franz-Klein-Gasse 1, A-1190 Wien. Das Bildmaterial ist, ergänzt durch Detailaufnahmen, digitalisiert in der Bilddatenbank des IKA/Universität Wien (++43-(0)1-313 52-243) abrufbar.

© Arbeitsgruppe Archäologische Sammlung


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